Nachruf
Langjähriger Stadtverordneter in Kremmen: Trauer um Reiner Tietz
Reiner Tietz (1938 - 2024) aus Sommerfeld.
Quelle: Enrico Geißler
Reiner Tietz ist tot. Der Sommerfelder war lange Stadtverordneter in Kremmen, engagierte sich auch gegen Rassismus und galt oft als Streitschlichter – was nicht heißt, dass er nie stritt. Der Termin für die Beisetzung steht fest.
Sommerfeld. Er war oft ein Mahner und immer wieder auch das gute Gewissen in der Stadt. Gab es Streit, er wollte ihn schlichten. Der langjährige Kremmener Stadtverordnete Reiner Tietz ist tot. Er starb bereits am 30. August im Alter von 85 Jahren.
Weiterlesen nach der
Anzeige
Weiterlesen nach der
Anzeige
Am Wochenende hatten Bürgermeister Sebastian Busse und Stadtverordnetenvorsteher Malte Voigts eine entsprechende Todesanzeige geschaltet. Erst im Juni, mit der Kommunalwahl, schied er aus der Stadtverordnetenversammlung aus. Zuletzt war er für die Linken ohne Fraktion dabei.
Reiner Tietz wurde 1938 in Magdeburg geboren. Er selbst sagte, er sei „Machteburger“. Nach der Schule begann er eine Berufsausbildung zum Chemiefacharbeiter und studierte später in Leipzig Ingenieur-Ökonomie-Chemie. Er betreute Brennöfen für Düngemittel und Schwefelsäureherstellung.
Weiterlesen nach der
Anzeige
Weiterlesen nach der
Anzeige
Gleichzeitig zog es ihn aber in die Politik. Er war FDJ-Sekretär und wurde in Coswig Stadtverordneter, ging dann nach Berlin zur Parteihochschule. 1966 machte er sein Staatsexamen, war dann jahrelang im Zentralrat der FDJ. Er beschäftigte sich bald mit dem Staatsrecht und wurde 1975 Direktor des Staatsverlages, dem Verlag in der DDR für juristische und populärwissenschaftliche Literatur.
Reiner Tietz: Von der SED zur PDS, zur Linken
Zur Wende war er 52. Nach dem Mauerfall machte er den Wechsel von der SED zur PDS und zur Linken mit. „Wir mussten umlernen“, sagte er 2019 in einem MAZ-Interview. „Wir mussten überlegen, wie wir den Kern einer gerechten Gesellschaft vertiefen, deshalb bin ich Linker geblieben.“
Nach der Wende ging er zum Freiburger Haufe-Verlag, 1997 folgte die Rente. Kontakte nach Sommerfeld hatte er schon in den 1970er-Jahren. Wegen einer Lungenkrankheit war er damals drei Monate in der Klinik und erkundete das Dorf. 1997 zog er mit der Familie dort hin.
Reiner Tietz 2019 in seinem Büro.
Quelle: Robert Tiesler
Er arbeitete im Kreisvorstand der Linken in Oberhavel, 2003 wurde er Abgeordneter des Kreistages und in der Kremmener Stadtverordnetenversammlung. „Es war mir wichtig, weil ich dokumentieren wollte, dass ein Sozialist in der Lage ist, für die Leute etwas zu tun“, sagte er 2019.
Weiterlesen nach der
Anzeige
Weiterlesen nach der
Anzeige
Kremmens Bürgermeister Sebastian Busse sagte am Montag, dass er Reiner Tietz als „ehrlichen und vor allem streitbaren Menschen, der aber immer Lösungsansätze hatte“, kennengelernt habe. „Er hat für seine Themen gekämpft, hatte aber auch immer ein Ohr für anderen Themen.“ Es sei ein Charakter, den es so nicht mehr in der Politik in der Region gebe.
Malte Voigts über Reiner Tietz: ein wichtiger Grundpfeiler im Kremmener Stadtparlament
„Ich habe ihn als wichtigen Grundpfeiler im Stadtparlament wahrgenommen“, sagte Malte Voigts, Kremmens Stadtverordnetenvorsteher, am Montag. „Er war das mahnende Gewissen.“ Sie seien nicht immer einer Meinung gewesen, „aber wir konnten gut diskutieren. Da gab es auch mal ein Grau – und nicht immer nur Schwarz und Weiß.“
2013 erhielt Reiner Tietz den Ehrenamtspreis des Landkreises Oberhavel und 2021 die Ehrennadel der Stadt Kremmen.
„Reiner Tietz war im Landkreis Oberhavel eine Instanz“, sagte Ralf Wunderlich von den Linken in Oberhavel. „Unerbittlich engagierte er sich in der Zivilgesellschaft und kämpfte gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.“ Er war auch Mitgründer des damaligen Forums gegen Rassismus, das heute als Demokratieforum in Oberhavel bekannt ist. „Auch das ist Reiners Verdienst – niemals allein agieren, immer eine breite Beteiligung ermöglichen“, so Ralf Wunderlich weiter.
Weiterlesen nach der
Anzeige
Weiterlesen nach der
Anzeige
War ihm immer ein Anliegen: Reiner Tietz mit Unterlagen zum Todesmarsch, der 1945 auch durch Sommerfeld führte.
Quelle: ENRICO KUGLER
Zuweilen habe Reiner Tietz auch intern in Diskussionen heftige Kritik geübt, erinnerte sich Ralf Wunderlich. Alle hätten nach allem Streit immer wieder zur gemeinsamen Arbeit finden können.
„Er hatte immer ein offenes Ohr für die Bürger“, sagte Sommerfelds ehemaliger Ortsvorsteher Jürgen Kurth am Montag. Er hat mit Reiner Tietz lange im Ortsbeirat zusammengearbeitet. „Er war immer ein guter Partner.“
Oberhavel-Newsletter - jetzt abonnieren!
Kennen Sie schon unseren kostenlosen Newsletter "5 in 5" für Oberhavel? Er bringt jeden Morgen das Wichtigste für den Tag auf den Punkt. Hier geht es zur Anmeldung.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Reiner Tietz selbst sagte 2019 im MAZ-Gespräch: „Ich bin nicht unzufrieden mit meinem Lebenswerk.“ Es ist nun vollendet. Am Freitag, 27. September, um 13 Uhr beginnt die Beerdigung auf dem Sommerfelder Friedhof.
MAZ